Anläßlich einer Ausstellung im "Ecksaal des Joanneum", Graz 1987  
 


Bildpoesie und Zeichensetzung wären zwei Begriffe, um Pedrottis Malerei fürs erste zu umreißen. Als Andeutung, die es vor den Bildern zu klären und zu überprüfen gilt, will dies Behauptung verstanden sein. Nicht als Grenzgänger zwischen den Künsten ist die Person Pedrottis zu fasse, sondern als Maler, dessen Naheverhältnis zur Dichtkunst seine Bilder wohl befruchtet, aber nicht befrachtet. Denn die Bildzeichen sind weder Applikation noch entbehrliches Zitat, sondern malerisches Formereignis, das eine komplexe Bildstruktur erst konstruiert. Diese Struktur ist das Ergebnis einer Entwicklung, die die Spaltung von Text und Illustration zugunsten einer malerischen Poesie überwindet, in der Raum, Fläche und Zeit bildnerisch verknüpft und veranschaulicht sind. Der Betrachter ist zum einen der Leser und Entdecker jener Zeichen, die in den Bildern festgehalten, ihn zugleich nötigen, ihre Semantik fortzuspinnen um die Bedeutung des Bildganzen zu begreifen. Geht man aber nicht zugleich den umgekehrten Weg – von den Bildern zum Detail – wird man wohl ein Leser bleiben

Pedrottis Malerei setzt die Vertrautheit mit Bildern, Texten und Zeichen voraus, um sie sogleich zu unterhöhlen und zu durchbohren, weil hier Verweise nicht eindimensional gefasst sind, sondern die Zeichen – sich selbst bespiegelnd – Eigenwert und Formcharakter gewinnen. Ihre Funktion wandelt sich vom verweisenden Signal zu einer Bildpoesie mit kontemplativer Grundhaltung, die von der verhaltenen Farbigkeit mitgetragen und bestimmt wird. Konzentration und Bescheidung auf erdiges Braun und Grün, die in sich malerisch und grafisch reich nuanciert und strukturiert sind, deuten auf Grundsätzliches. Wie eingekratzt und eingegraben finden sich die Spuren des Künstlers zu zeugen von der Unabwendbarkeit zeitlichen Vergehens, aber zugleich vom Versuch, die Vergänglichkeit durch ihr eigenes Bild zu bannen. In den Formen des Bestehenden und Wahrnehmbaren verbirgt sich bereits dessen Hinfälligkeit und Vorläufigkeit. Dies bringt Pedrotti zur Darstellung und kleidet es in eine Form, die jener des Lebens folgt. Denn wie dieses sich seines sicheren Endes verdankt, bleiben die Zeichen und Spuren im Bild stets von der möglichen Auslöschung bedroht.

Die Titel der Bilder belegen die Auseinandersetzung des Künstlers mit der Welt, deren Zeitlichkeit und belegen den Versuch, das Unbegreifliche systematisch zu entwirren. Was liegt da näher, als sich der Systeme von Sprache und Zeichen zu bedienen, um sie – in Bilder rückgebunden – einer Ursprünglichkeit zuzuführen, die uns bereits verlorenging?

Rainer Fuchs, Graz 1987